Alternativen zum umstrittenen E10-Benzin

Der stark in der Kritik stehende Biosprit E10 ist aus Sicht vieler Verbraucher nicht nur zu teuer, sondern auch alles andere als klimafreundlich. Aus einer bereits 2008 veröffentlichten Studie des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) geht hervor, dass bei der Produktion von Ethanol aus Getreide wesentlich mehr Treibhausgase an die Umwelt abgegeben werden, als bei der Nutzung fossiler Brennstoffe. auto.de, mit 1.3 Mio. Nutzern im Monat Deutschlands drittgrößtes Autoportal, zeigt, welche alternativen Kraftstoffe es derzeit neben E10 gibt.

Einführung – Pro & Contra E10-Benzin

auto.de hatte kürzlich Bezug auf eine vom WBGU aus dem Jahr 2008 stammende Studie genommen, jedoch irrtümlicherweise Uwe Krengel vom Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik als Quelle benannt. In der Studie wurden die unterschiedlichen Herstellungspfade von Bio-Ethanol und deren spezifische Treibhausgasemissionen untersucht. Die WBGU-Studie kam zu dem Ergebnis, dass besonders der Anbau einjähriger Nutzpflanzen wie Getreide oder Mais eine negative CO2-Bilanz aufweist, wenn der Anbau der Energiepflanzen andere Bereiche, wie die der Lebensmittelproduktion, verdrängt. Dadurch müssten bestehende Flächen in ihrer Nutzung intensiviert oder weitere Anbauflächen erschlossen werden. So kehre sich die Umweltbilanz teilweise stark ins Negative, heißt es weiter. Der WBGU-Bericht kam so zu dem Schluss, dass eine Förderung von flüssigen Biokraftstoffen in Industrieländern unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten nicht zu rechtfertigen sei. Allerdings machten die Forscher auch deutlich, dass unter anderen Bilanzierungsmethoden durchaus unterschiedliche Ergebnisse zu erwarten seien. Wie unterschiedlich diese sein können, zeigen Zahlen des Bundesverbandes der Deutschen Bioethanolwirtschaft (BDBe). In seiner Info-Broschüre „Fragen und Antworten zur Einführung von E10 in Deutschland“ spricht der Lobbyverband von einer schon jetzt bestehenden 50prozentigen Senkung der Treibhausgasemissionen durch Bioethanol aus deutscher Erzeugung. Dabei fordert der BDBe zudem eine Erhöhung des Bioethanolanteils im Benzin auf 20 Prozent. Während wiederum der WBGU schon im Jahr 2008 dafür plädierte, die Quoten zur Beimischung von Biokraftstoffen einzufrieren und später ganz zurückzunehmen.

Der Bundesverband der Deutschen Bioethanolwirtschaft ist eine Dachorganisation in dem Interessenvertretungen organisiert sind, die letztlich wirtschaftlich von der Verwendung des Bioethanols profitieren, so zum Beispiel der Verband Süddeutscher Zuckerrübenanbauer, der Deutsche Bauernverband, der Bundesverband Deutscher Korn- und Getreidebrenner oder der Verband Deutscher Alkoholhersteller und Verarbeiter.

In den letzten 20 Jahren entwickelte die Automobilindustrie bereits neben dem umstrittenen E10-Benzin einige alternative Energiequellen für den Kfz-Antrieb. Der Redaktionsdienst von auto.de stellt hier einige Verfahren vor.

Elektromobilität

Als mittelfristige Lösung tendiert der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) zum Elektroantrieb, vorausgesetzt, es wird auf eine umweltschonende Strom-Energiegewinnung umgestellt. Basis hierfür müssten nachwachsende Rohstoffe und nicht fossile Rohstoffe (wie z.B. Öl) sein. Mit seiner Forderung rennt der WBGU zwar bei der Automobilindustrie keine offenen Türen ein, stößt jedoch auf immer mehr offene Ohren und die Bereitschaft zum Handeln. Während Hybridfahrzeuge den Elektroantrieb lediglich als Zweitantrieb zur Kraftstoffeinsparung nutzen (z.B. Porsche), zeigen reine Elektrofahrzeuge wie der Tesla Roadster, dass Elektromobilität bereits alltagstauglich ist und alles andere als langweilig sein muss. Auch testeten verschiedene Autohersteller bereits die Elektromobilität in der Praxis, doch konnte man diese Fahrzeuge in Deutschland bislang lediglich leasen. Häufig waren die Autos für die Privatnutzer einfach zu teuer. Endlich kommt in diesem Jahr mit dem Citroën C-Zero auch in Deutschland das erste für Privatkunden käufliche vollwertige Elektroauto auf dem Markt. Es folgen der Mitsubishi i-MiEV und der Nissan Leaf als erste Großserienmodelle. Auch BMW könnte im Jahr 2013 möglicherweise mit einem Elektroauto folgen. Bisher gibt es lediglich Kleinserien verschiedener Hersteller, mit denen in Ballungsräumen marktreife Konzepte und Infrastrukturen für die Elektromobilität erprobt werden. Probleme sind hierbei jedoch bis heute die hohen Kosten und relativ geringe Reichweite der Akkus. Die Batterie des Mitsubishi i-MiEV kostet beispielsweise 15.000 Euro und reicht lediglich für 150 Kilometer. Der Grundpreis des kleinen Serienstromers liegt bei 34.390 Euro. Die Einführung des Elektroautos verlief in Deutschland bislang sehr schleppend. Dabei hatte BMW bereits 1972 mit seinem Prototyp E7 einen wagemutigen und vielversprechenden Anfang gemacht.

Zweite Alternative: Wasserstoff & Brennstoffzelle

Neben dem Elektroantrieb mit Akkus, forschen Autohersteller seit längerem an der Energiegewinnung mit Brennstoffzellen. Hierbei wird durch eine kontrollierte Reaktion von Wasserstoff und Sauerstoff Strom erzeugt, mit dem ein Elektromotor angetrieben wird. Als ersten Versuchsträger stellte Mercedes bereits 1994 das sogenannte Necar vor. Während dessen Brennstoffzelle noch den gesamten Laderaum des umgerüsteten MB 100 Transporters einnahm, testet Mercedes derzeit mit der Kleinserie F-Cell auf Basis einer Mercedes-Benz B-Klasse deren Alltagstauglichkeit auf der F-Cell World Tour. Hauptproblem für die flächendeckende Anwendung der Brennstoffzellenfahrzeuge ist neben hohen Kosten, das noch fehlende flächendeckende Tankstellennetz. Mercedes tritt der Problematik auf seiner World Tour mit einer mobilen Wasserstofftankstelle entgegen. Ein großer Nachteil der Technologie sind die immensen Kosten. Ein Fahrzeug mit Brennstoffzelle schlägt derzeit noch mit etwa 100.000 Euro zu Buche. Zudem ist die Wasserstoffproduktion sehr energieintensiv. Das Verfahren ist erst dann umweltfreundlich, wenn der benötigte Strom auch hier nicht mehr mit fossilen Brennstoffen erzeugt wird.

Dritte Alternative: Gas – LPG, CNG & Bio

Einen anderen Weg, weg vom Benzin, gehen verschiedene Verfahren zur Nutzung von Gas als Brennstoff. Eine Möglichkeit ist dabei das Autogas LPG. Dahinter steckt ein Propan-Butan-Gemisch, beides Gase, die als Nebenprodukt bei der Erdölförderung anfallen. Faktisch kann nahezu jedes Automobil auf Autogas-Antrieb umgerüstet werden. Zudem gäbe es bereits heute ein mit 6.000 Tankstellen ausgebautes Tankstellennetz, das zumindest schreibt www.gas-tankstellen.de. Der Liter Autogas kostet derzeit durchschnittlich 79 Cent, also lediglich 52 Prozent des Preises für E10. Nachteil von Autogas ist der höhere Verbrauch und damit die Reduzierung der Reichweite. Überdies fällt die Reduzierung des CO2-Ausstoßes gegenüber einem herkömmlichen Verbrennungsmotor nur geringfügig besser aus. Durch einen niedrigeren Energiegehalt des Gases erhöht sich obendrein der Verbrauch. Zudem ist Autogas nicht wirklich zukunftssicherer als Benzin. Als “Abfallprodukt” der Erdölförderung bleibt Autogas nur solange verfügbar, wie auch die Ölquellen sprudeln. Gleiches gilt für Erdgas CNG, mit dem schon heute eine Vielzahl von Nutzfahrzeugen und Bussen betankt werden.

Biogas stellt eine weitere Alternative dar. Es entsteht bei der Gärung organischen Materials, wie Biomüll oder Kuhmist. Am Ende des Gärprozesses wird Methangas gefiltert, das für den Automobil-Antrieb einsetzbar ist. Biogas kann theoretisch in allen Autos verbrannt werden, die für Autogas oder Erdgas umgerüstet wurden.

Vierte Alternative: Reststoff-Benzin aus Stroh, Pflanzenabfällen, Laub oder Holzabfall

Ein bislang vernachlässigtes Konzept der Kraftstoffgewinnung erhält durch die anhaltende E10-Debatte neue Beachtung. Durch das sogenannte Methanol-to-Gasolin-Verfahren wollen Hersteller, wie die Freiberger CHOREN Industries GmbH (Sachsen), flüssigen Kraftstoff aus Biomasse herstellen. Dabei wird, ähnlich der Biogas-Herstellung, Biomasse vergast. Das in diesem Verfahren entstehende Synthesegas wir anschließend zu synthetischem Benzin oder Diesel veredelt. Im Gegensatz zu dem stark in der Kritik stehenden E10-Benzin, welches zur ersten Generation der Biokraftstoffe zählt, lassen diese Verfahren der zweiten Generation ein wesentlich breiteres Spektrum an Rohstoffen zu, wie Stroh, Pflanzenabfälle, Laub oder Restholz. Dadurch könnte man auch Rohstoffe verwenden, die nicht für die Nahrungsmittelproduktion benötigt werden. Diese Kraftstoffe können, aufgrund ihrer hohen Reinheit, ohne Weiteres in üblichen Verbrennungsmotoren zur Anwendung kommen. Jedoch ist die bisher ungenutzte Biomasse relativ begrenzt. Müssen aufgrund steigender Nachfrage Nutzpflanzen angebaut werden, ist Reststoff-Benzin dann genauso umweltfreundlich oder -schädlich wie bisheriges Bio-Ethanol. Zudem steckt das Verfahren noch in der Entwicklungsphase. Volkswagen und Daimler haben angekündigt, eine größere Anlage für Diesel aus Reststoffen noch bis Ende dieses Jahres in Betrieb nehmen zu wollen.

Beim Reststoff-Benzin werden einige an das freche TV-Mädchen Pippi Langstrumpf denken. Sie brachte schon in den 60er Jahren ihr altes Auto gar zum Fliegen – mit altem Kleber. Seitdem haben Generationen von Kindern gelernt, dass Autos nicht zwangsläufig fossiles Benzin benötigen. Vielleicht sollten sich die Automobilkonzerne ab und an mal Pippi Langstrumpf anschauen, damit das Thema umweltfreundliches Autofahren endlich schneller vorankommt.

Übrigens: auto.de ruft an diesem Samstag wieder zum Boykott von E10-Benzin auf und rät zum „Tankfreien Samstag“.

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